Rumänische Kontraste Seite 5

Zeugnis davon geben auch die Steine am Friedhof der wunderschönen mittelalterlichen Burgstadt, die fast alle deutsche Namen tragen. Praktisch alle Deutschsprachigen sind wieder verschwunden. Geblieben ist von dem Jahrhunderte dauernden Gastspiel das beeindruckende kulturhistorische Erbe, und die Gewißheit, daß dieses Land auch zu Europa gehört, auch wenn es lange Zeit getrennt und isoliert war.

Rostige Zahnräder vor einer verfallenen Fabrik, in der keine Fensterscheibe mehr ganz ist, zeigt die häßliche Fratze der Industrialisierung. Mitten in schönster Landschaft nicht zuende gebaute Kühltürme, deren oberer unfertiger Rand durch Grünzeug "geschmückt" ist, als wollte die Natur ihren Triumph über den Wahnsinn damit mitteilen. Der Verfall und die Häßlichkeit der Industrieruinen spricht Bände über die Geschichte der (Wirtschafts-)Politik Rumäniens der letzten Jahrzehnte.

Die häßliche Stadt mit ihren riesigen Plattenbauten, zeigt den Irrsinn der hier herrschte. Der Fluß der Stadt ist in eine vollständig geschlossene Betonwanne gesperrt. Davor steht ein Chor der hübsche Volkslieder singt. Größenwahnsinnige Betonundinger stehen hier alten hübschen Häusern gegebenüber. Die Kontraste könnten schärfer nicht sein.

Kaum haben wir nach dem Weg gefragt zeigt uns das angesprochene junge Paar die ganze Stadt. Die modernen Skulpturen enttäuschen, der Maler aus Moldavien mit dem langen grauen Rauschebart, der sogar etwas deutsch spricht, überrascht, mitten in der Betonwüste. Der junge Rumäne ist Wirtschaftsinformatiker. Geld, Auto und Freundin ist ihm das Wichtigste. Das größte Interesse zeigt er an dem Einkommen und den Lebenserhaltungskosten in Österreich. Wir sagten ihm, Geld sei nicht alles und vieles was uns fehlte gäbe es in Rumänien. Dafür ernteten wir ungläubige Blicke. Es war ein lustiger Abend mit den beiden, die mitten in der Tristesse Lebensfreude, Gastfreundschaft und den weniger lustigen Haß gegenüber den Zigeunern zeigten.


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